News
Veranstaltungsbericht: DIFIS-TransferLab: Wissenstransfer in der Sozialpolitik(-forschung)
Der Austausch zwischen Wissenschaft, Politik und Praxis trägt im Idealfall zu einer informierten und damit „besseren“ Sozialpolitikgestaltung bei. Ein zentrales Ziel des Deutschen Instituts für Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung (DIFIS) besteht deshalb darin, den Wissenschaft-Praxis-Transfer in der deutschen Sozialpolitik zu fördern und Möglichkeiten seiner Intensivierung auszuloten und zu erproben.
Vor diesem Hintergrund veranstaltete das DIFIS am 13. Mai 2025 das DIFIS-TransferLab mit dem Titel „Wissenstransfer in der Sozialpolitik(-forschung)“. An dem digitalen Workshop nahmen rund 30 Expert:innen teil – darunter vor allem Sozialpolitikforschende aus verschiedenen Forschungsprojekten des vom BMAS finanzierten Fördernetzwerks Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung (FIS) sowie ausgewählte Vertreter:innen aus Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung.
Zum Auftakt des Workshops präsentierte Tom Heilmann (DIFIS) zentrale Ergebnisse einer am DIFIS durchgeführten qualitativen Expertenbefragung zum Wissenschaft-Praxis-Transfer in der deutschen Sozialpolitik (als Open-Access-Publikation beim Campus Verlag verfügbar). Im Fokus des Beitrags standen dabei vor allem die unterschiedlichen Verständnisse von Wissenstransfer unter den befragten Expert:innen sowie die daraus resultierenden Erwartungen an die Rollen von Wissenschaft, Politik und Praxis.
Prof. Dr. Günter Warsewa (Institut Arbeit und Wirtschaft, Universität Bremen) und Julia Bläsius (Referat Politische Beratung und Impulse, Friedrich-Ebert-Stiftung) ergänzten mit ihren Kommentaren den Beitrag von Tom Heilmann und wiesen auf Basis ihrer beruflichen Expertise und ihrer eigenen Erfahrungen auf unterschiedliche Hürden und Gelingensbedingungen für den Wissensaustausch zwischen Wissenschaft und Praxis hin. Die Inputs der Referent:innen sind auf dem YouTube-Kanal des DIFIS abrufbar.
Im Anschluss sortierten sich die Workshop-Teilnehmenden in drei thematisch abgestimmte Arbeitsgruppen. In diesen Gruppen zu den Themen „Teilhabe und Inklusion“, „Soziale Sicherung und Krisenbewältigung“ sowie „Rente“ wurde unter anderem diskutiert, welche positiven und negativen Erfahrungen bei den Beteiligten in Bezug auf den Wissenschaft-Praxis-Transfer bestehen, welche Herausforderungen sich daraus für den Wissenstransfer ableiten lassen und wie diese in Handlungsansätze zur Verbesserung des Wissenstransfers übersetzt werden können.
Die zentralen Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen wurden anschließend im Plenum zusammengetragen. Dabei wurden einerseits verschiedene Hürden für den Wissenstransfer benannt. Zu ihnen gehören unter anderem divergierende Zeit- und Handlungslogiken von Forschung und Praxis, unzureichende Ressourcen für systematische Transferaktivitäten sowie fehlende Kontakte zu relevanten Transferpartner:innen. Andererseits wurde auch eine Reihe konkreter Empfehlungen zur Stärkung des Transfers formuliert. Zu diesen gehören unter anderem:
- Frühzeitiger Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis: Möglichkeiten, Bedarfe und Formate für den Wissenstransfer sollten möglichst frühzeitig im Forschungsprozess mitgedacht werden. Hiervon können sowohl Wissenschaft als auch Praxis profitieren. So berichtete beispielsweise Martin Franke, Referent für Sozialpolitik beim Sozialverband VdK Nordrhein-Westfalen, von den positiven Erfahrungen des Verbandes bei der Beauftragung und Durchführung einer Studie zur Situation von pflegenden Angehörigen in Deutschland. Die enge Abstimmung zwischen Forschenden und VdK führte hierbei nicht nur zu praxisrelevanten Erkenntnissen. Durch die aktive Ansprache der zahlreichen Mitglieder des Verbandes flossen auch Angaben von über 50.000 Menschen aus einer sonst nur schwer zu erreichenden Personengruppe in die Untersuchung ein. Hiervon profitierte nicht zuletzt auch der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn.
- Einbindung der Betroffenenperspektiven: Von mehreren Teilnehmenden wurde betont, dass Chancen auf einen erfolgreichen Wissenstransfer durch die explizite Einbindung der Betroffenen- bzw. Adressatenperspektive verbessert werden könnten. So berichtete etwa Prof. Dr. Silvia Krumm aus dem FIS-Projekt „TAPE“ (Förderung beruflicher Teilhabe von Personen mit schweren psychischen Erkrankungen) davon, dass Menschen mit Psychiatrie-Erfahrung als Ko-Forschende an der Untersuchung mitwirkten. Dieser ko-kreative Forschungsprozess gewährleistete eine höhere Praxisrelevanz der Projektergebnisse und mündete unter anderem in der Entwicklung eines Hilfeportals für Betroffene.
- Vielfalt an Formaten: Der Erfahrungsaustausch der Workshopteilnehmenden zeigte einmal mehr, dass eine große Spannbreite an Formaten existiert, auf die sich erfolgreicher Wissenstransfer stützen kann. Diese reichen von der adressatengerechten Aufbereitung wissenschaftlicher Befunde (z. B. in Policy Briefs und Newslettern) bis hin zur Durchführung unterschiedlicher dialogorientierter Formate (z. B. Fachdialoge und Praxischecks). Entscheidend ist dabei, dass Formate zielgruppenspezifisch und zweckmäßig ausgewählt, flexibel angepasst und idealerweise gemeinsam mit Praxispartner:innen entwickelt werden, um einen nachhaltigen Austausch zu fördern.
- Dauerhafte Strukturen: Für eine systematische und nachhaltige Verbesserung des Wissenstransfers braucht es langfristige institutionelle Strukturen. Dazu zählen unter anderem verstetigte Förderprogramme, die klare und transparente Anforderungen an den Wissenstransfer stellen. Von den Teilnehmenden wurde vielfach angemerkt, dass es in der sozialpolitischen Forschungslandschaft in dieser Hinsicht noch deutliche Entwicklungsbedarfe gibt.
- Interdisziplinarität: Zahlreiche Teilnehmende hoben hervor, dass interdisziplinäre Zusammenarbeit einen umfassenderen Blick auf komplexe Fragestellungen ermöglicht. Hierfür wurde etwa die Untersuchung des Alterssicherungssystems angeführt: Die Ergänzung und Verschränkung der je spezifischen Perspektiven von Rechtswissenschaftler:innen, Volkswirt:innen und Soziolog:innen könne dabei helfen, ganzheitlichere Analysen durchzuführen und damit auch praxisrelevantere Befunde zu generieren, die sich in besonderem Maße für den Wissenschaft-Praxis-Transfer eignen.
Die zentralen Ergebnisse des durchgeführten TransferLabs sollen in einem DIFIS-Impuls aufbereitet und Akteur:innen aus Wissenschaft, Politik und Praxis zur Verfügung gestellt werden. Zudem wird das DIFIS auch in Zukunft unterschiedliche Formate zur Förderung des Wissenschaft-Praxis-Transfers in der deutschen Sozialpolitik durchführen, über die wir auf der Webseite, unseren Newsletter und die Social-Media-Kanäle des DIFIS informieren.
zurück zur Übersicht